
Möwenflug
Möwenflug
Kubus 0, 1. OG, Hector-Bau
Ein Möwenflug ohne Möwe(n)? Max Ernst gehörte in den 1910er und 1920er Jahren zu den Wegbereitern von Dadaismus und Surrealismus. Seine phantasiereiche Bilderwelt, die Mythos und Unbewusstem eine Gestalt gibt, übte auf nachfolgende Künstlergenerationen ebenso großen Einfluss aus wie sein innovativer Einsatz von Techniken wie der Collage und der Frottage – ein von Ernst weiterentwickeltes grafisches Verfahren, bei dem Papier auf einen prägenden Untergrund, beispielsweise Holz, gedrückt wird, um dessen Struktur sichtbar zu machen.
1941 floh Ernst vor den Nationalsozialisten in die USA und kehrte 1953 nach Frankreich zurück. Sein damals einsetzendes Spätwerk, zu dem auch der »Möwenflug« gehört, zeigt häufig helle Farben und eine Betonung der malerischen Struktur. Mit dem Spachtel trägt Ernst die Farbe auf und überzieht das gesamte Gemälde mit einem Netz aus blauweißen Dreiecken. Seine Darstellung berührt die Grenze zur Abstraktion, ohne ganz in ihr aufzugehen. Denn der blaue Kreis und das untere Bilddrittel rufen entfernt Assoziationen zu Motiven einer Landschaft hervor.
Max Ernst wandte sich auch in seinem Spätwerk gegen eine völlig abstrakte Formensprache. Der Titel seiner Arbeit zeigt hingegen, wie sehr es der Künstler verstand, Mehrdeutigkeit durch die Betitelung zu erzeugen – denn ist hier der Flug einer oder vieler Möwen überhaupt zu erkennen?