In eine neue Richtung

Die Begriffe Informel, Tachismus oder lyrische Abstraktion bezeichnen eine neue künstlerische Strömung in den 1950er Jahren, in der es im Gegensatz zur figurativen und geometrisch-konstruktiven Kunst um eine abstrakte Malerei ohne feste Kompositionsregeln ging. Formlosigkeit und Spontaneität prägten die Entstehung, während Farbe und andere bildnerische Materialien wie Gips, Sand oder Zement autonom eingesetzt wurden. Als direkte Wegbereiter galten die damals in Paris ansässigen Künstler Wols, Jean Fautrier und Hans Hartung, die ihrerseits von Wassily Kandinsky, Paul Klee und der Ecriture automatique der Surrealisten beeinflusst waren.

Informelle Malerei in Deutschland
Ernst Wilhelm Nay (1902 - 1968) Metaphorische Figuren, 1948

In der Überzeugung, dass die formalen Mittel der gegenständlichen Kunst nicht mehr geeignet seien, die Schrecken der Vergangenheit und Fragestellungen der Gegenwart glaubwürdig darzustellen, gaben die Künstler ihre Sicht der Welt in Form einer automatischen, gestisch dynamischen, skripturalen oder materialbetonten Ausdrucks- und Zeichensprache wieder. Diese Abstraktion wurde im Gegensatz zum Diktat des sozialistischen Realismus als international verbindliche Sprache einer freiheitlich demokratischen Welt verstanden, die sich in Einklang befand mit den neu gewonnenen Erkenntnissen in Naturwissenschaft und Technik.

Otto Greis (1913 - 2001) Ikarus, 1953
Emil Schumacher (1912 - 1999) Kassiem, 1980
Winfred Gaul (1928 - 2003) Pracht der Zerstörung, 1956-57
Fred Thieler (1916 - 1999) W. S3. 57 (steigend schwarz-weiß-blau), 1957

Am Anfang der Entwicklung standen in Deutschland Künstlervereinigungen wie die 1952 in Frankfurt gegründete Gruppe Quadriga mit Bernard Schultze, Karl Otto Götz, Otto Greis und Heinz Kreutz oder in Düsseldorf die Gruppe 53 mit Gerhard Hoehme, Peter Brüning und Karl Fred Dahmen. Ein weiterer Schwerpunkt bildete sich in München um die Gruppe Zen, zu der Willi Baumeister, Rolf Cavael, Ernst Wilhelm Nay, Emil Schumacher, Hann Trier, Theodor Werner und Fritz Winter gehörten. Eine der ersten deutschen Museumsausstellungen des Informel fand 1957/58 unter dem Titel »Eine neue Richtung in der Malerei« in der Kunsthalle Mannheim statt.

Willi Baumeister (1889 - 1955) Montaru 3b, 1953