
Ikarus
Ikarus
Galerie 5, 1. OG, Jugendstil-Bau
Otto Greis zählt zu der Generation Künstler, die nach dem Zweiten Weltkrieg zu neuen Ausdrucksmöglichkeiten fand. Hatte er zuvor gegenständlich gemalt, lösen sich seine Figuren jetzt zunehmend in kraftvoll-bewegte Kompositionen auf. Wilde, dunkle Farbmassen bestimmen die Bildfläche und erzeugen den Eindruck von Tiefe. Spannung und Dramatik sind Ergebnis einer neuen Kunstauffassung: Der Künstler bannt seine Empfindungen spontan und scheinbar ungehemmt mit schnellen Gesten auf die Leinwand.
Mit dieser Malerei ist Greis hochaktuell. Und er trägt dazu bei, das Informel in Deutschland zu etablieren – unter diesem Begriff sammeln sich abstrakte Strömungen, die traditionelle Form- und Kompositionsstrategien ablehnten. »Ikarus« ist ein Höhepunkt dieser Entwicklung. Lediglich der Titel verweist noch auf ein klassisches Motiv; erkennen können wir die tragische Figur der griechischen Antike nicht mehr, die mit selbstgebauten Flügeln ins Meer stürzte, als sie der Sonne zu nah kam. Die Turbulenzen des Sturzes werden jedoch durch die dynamische Malweise erfahrbar. Später sollte sich Greis von der düsteren Palette lösen, der Bildraum wird zunehmend heller und luftiger.