
Essence - Eksistence
Essence - Eksistence
Kubus 6, 2. OG, Hector-Bau
Auf drei monumentalen Leinwänden erstreckt sich das eindrucksvolle Panorama eines wolkenverhangenen Bergmassivs. Anselm Kiefer gestaltet mit pastosem Farbauftrag die rohen Felsformationen einer Hochgebirgslandschaft. Die Erhabenheit des Gebirges war schon für die romantischen Landschaftsmaler, beispielsweise Carl Gustav Carus (1789–1869), ein wichtiges Motiv. Während sie die Natur als Sinnbild menschlichen Seins reflektierten, stellt Kiefer das Sujet verfremdet dar: Entlang der Bergwipfel ist eine metallene Waage montiert, in deren Schalen verschiedene Materialien gehäuft sind.
Zu beiden Seiten der Waage lassen sich zwei Worte erkennen, die der Künstler mit Kreide auf die Farbkruste aufgetragen hat: »Essence« (Essenz; Wesen) und »Ek-sistance« (Ek-sistenz; Dasein). Es sind Kernbegriffe der Existenzphilosophie, die durch Jean-Paul Sartre (1905–1980) und Martin Heidegger (1889–1976) geprägt wurde und den Menschen und sein Dasein diskutiert. Im Angesicht der Alpen, die seit Jahrtausenden die Menschheitsgeschichte überdauern, wird der Betrachter somit mit existentiellen Fragen konfrontiert, die um die eigene Vergänglichkeit, das Ewige und die Zeit an sich kreisen.