
Sonia Dungyersky II
Sonia Dungyersky II
Kubus 0, 1. OG, Hector-Bau
Im Sommer 1912 hält sich der junge Oskar Kokoschka mit seinen Freunden Peter Altenberg (1859–1919) und dem Architekten Adolf Loos (1870–1933) in Semmering, einem Kurort in Niederösterreich auf. Altenberg, »Caféhausliterat« und bedeutender Schriftsteller der Wiener Moderne, trifft hier auf die 6-jährige Sonia Dungyersky und überredet die Eltern, ihre Tochter porträtieren zu lassen. Kokoschka fertigt eine erste Skizze an, die unvollendet bleibt und heute verschollen ist.
Im zweiten Porträt zeigt er das Mädchen sitzend mit Hund und einem Ball, der auf die Kindheit seines Modells deutet. Kokoschkas Malweise ist expressiv und überaus bewegt. In breiten Pinselstrichen arbeitet er den Körper des Mädchens heraus und löst einzelne Bestandteile des Bildes – wie den Körper des Hundes – vollständig in kräftigen Strichen auf. Dadurch gewinnt sein Porträt einen flächigen Charakter. Gleichzeitig wird die räumliche Situation so vage, dass das offensichtlich sitzende Mädchen wie vor die Leinwand gestellt wirkt. Trotz aller Abstrahierung fängt Kokoschka die kindlichen Züge seines Modells ein, dessen Blick zurückhaltend und gleichzeitig erwartungsvoll ist.