
Weiblicher Torso
Weiblicher Torso
Der »Weibliche Torso« ruht auf zerbrechlich dünnen Beinen, aber sein Gleichgewicht scheint dadurch nicht gefährdet. Er ähnelt auf den ersten Blick einem archaischen Fruchtbarkeitsidol, betont Bauch und Brüste, die gerundet und glatt im Kontrast zu der zerklüfteten Oberfläche der Beine stehen. Auch in anderen Arbeiten wie etwa der »Großen Stele« (1967–68) widmet sich Seitz einer überbetonten Weiblichkeit.
Sein »Weiblicher Torso« aber zeichnet sich durch eine ruhige Präsenz aus. Die fragilen Beine lassen ihn schweben, als wäre der kräftige Körper plötzlich schwerelos geworden. Zugleich deuten sie auf die Meisterschaft des Künstlers, der routiniert mit Volumen und Masse spielt.
Seitz bleibt in dieser späten Arbeit der menschlichen Figur – seinem Lebensthema – treu. Wie seine ungefähr eine Generation älteren Kollegen Ernst Barlach (1870–1938), Wilhelm Lehmbruck (1881–1919) und Gerhard Marcks (1889–1981) steht er für eine deutsche Bildhauertradition, die trotz aller abstrakten Tendenzen am Figürlichen festhält. Davon zeugen auch seine Porträtplastiken, in denen er die Größen seiner Zeit, von Thomas Mann (1875–1955) bis Bertolt Brecht (1898–1956), verewigte.