
Der Neue See im Berliner Tiergarten
Der Neue See im Berliner Tiergarten
Kubus 0, 1. OG, Hector-Bau
Der Neue See im Berliner Tiergarten stand beim großstädtischen Publikum um 1900 hoch im Kurs. Mit Bootsverleih und Biergarten war er besonders in den Sommermonaten ein Anziehungspunkt für jene Wochenendausflügler, die sich der Hektik der deutschen Hauptstadt in einer weitläufigen Parkanlage entziehen wollten.
Lovis Corinth stellt den Neuen See allerdings ohne sein Publikum dar. Der Himmel ist bewölkt und der Bootsverleih geschlossen, zahlreiche Landesflaggen spiegeln sich trüb in der leicht bewegten Wasseroberfläche, die Corinth mit schwungvollen und breiten Pinselbewegungen malt. Sie verweisen auf die aufstrebende Metropole Berlin, die kurz nach der Jahrhundertwende nicht nur sprunghaft wuchs, sondern das Image einer eher provinziellen Hauptstadt mehr und mehr verlor.
Gleichzeitig gewinnt Corinth, der seit 1901 in Berlin lebte und mit Max Liebermann (1847–1935) und Max Slevogt (1868–1932) zu den wichtigsten deutschen Impressionisten zählt, dem Ausbleiben der Spaziergänger etwas Kontemplatives ab. Sein Gemälde strahlt dieselbe unaufgeregte Ruhe aus, mit der die Boote am Ufer liegen.