
Senza titolo
Ohne Titel
Drei Materialien, die Jannis Kounellis in diesem unbetitelten Werk verwendet, begleiten seine Arbeiten seit den 1960er Jahren: Kohle, Stahl und Sackleinen. Auf zwei Stahlplatten ordnet er sechs Kohlesäcke in zwei vertikalen Bahnen an und fixiert dieses Ensemble unter massiven Stahlträgern. Das Gewicht der Arbeit, die rund 640 Kilogramm wiegt, vermittelt sich auch optisch und trägt zu ihrer Präsenz wesentlich bei. Kounellis zählt zu den bedeutendsten Künstlern des 20. Jahrhunderts und war Mitbegründer der Arte povera. Wie andere Künstler dieser Bewegung greift er auf eher kunstfremde, als »arm« bezeichnete Materialien zurück, lädt sie aber gleichzeitig mit Bedeutung auf: Kohle verkörpert für ihn Kraft, wird zum Energieträger und Wärmespeicher. Sie steht zum kalten Stahl in Kontrast und ist dennoch mit ihm verbunden, denn Kohle wird als Brennstoff zur Stahlerzeugung genutzt. Kounellis’ Materialien besitzen eine historische Dimension, die für den griechischen Künstler von größter Bedeutung war. Sie rufen Erinnerungen an die Industrialisierung des 18. Jahrhunderts wach und verweisen zugleich auf den Gegensatz von Natur (Kohle) und Kultur (Stahl). Zudem deuten sie auf die Geschichte menschlicher Arbeit hin und damit auf einen zentralen Teil der menschlichen Existenz.